Der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland stockt trotz positiver Planungen. Nur drei Prozent der geplanten Elektrolysekapazität haben eine finale Investitionsentscheidung. Hemmnisse wie Unsicherheiten bei der Zertifizierung und unzureichende Fördermittel sind Hauptgründe. Eine schnelle Umsetzung des Wasserstoff-Beschleunigungsgesetzes könnte Abhilfe schaffen.
Obwohl die geplante Wasserstoff-Erzeugungsleistung in Deutschland von 8,7 Gigawatt im August 2023 auf 10,1 Gigawatt im Februar 2024 gestiegen ist, zeigt sich eine erhebliche Lücke zwischen den ambitionierten Plänen und der tatsächlichen Umsetzung. Die vierte H2-Bilanz, basierend auf Daten des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln, offenbart, dass von 88 angekündigten Projekten lediglich für 16 Projekte mit einer Gesamtleistung von 0,3 Gigawatt eine finale Investitionsentscheidung getroffen wurde.
Die Gründe für den Investitionsstau in Wasserstoffprojekten in Deutschland sind vielfältig. Einerseits hat die Veröffentlichung der EU-Rechtsakte zur Definition von erneuerbarem Wasserstoff zwar für mehr Rechtssicherheit gesorgt, andererseits bestehen weiterhin Unsicherheiten bezüglich der Zertifizierung und Anrechnung von erneuerbarem Wasserstoff. Zudem sind die verfügbaren Fördermittel unzureichend und die Auflagen streng, was zusammen mit verspäteten Förderzusagen die Investitionsbereitschaft hemmt.
Ein weiteres großes Hindernis stellt der Mangel an geeigneter Transport- und Speicherinfrastruktur dar. Obwohl kürzlich Fortschritte bei den Verhandlungen zur Finanzstruktur des Kernnetzes erzielt wurden, könnte sich die Fertigstellung einiger Leitungen bis 2037 verzögern, was die Versorgungssicherheit beeinträchtigt.
Trotz eines Anstiegs der geplanten Wasserstoffleitungen um knapp 9 Prozent seit der letzten H2-Bilanz, bleibt die tatsächlich betriebene Länge der Wasserstoffleitungen unverändert. Die Finanzierungskonditionen sowie das angekündigte Wasserstoff-Beschleunigungsgesetz könnten jedoch zukünftig eine schnellere Umsetzung der Infrastrukturprojekte ermöglichen.
Die neu eingeführte Rubrik „Regulatorische Meilensteine“ in der H2-Bilanz bietet einen Überblick über die bereits beschlossenen Rahmenbedingungen und die noch ausstehenden Meilensteine. Diese Übersicht hilft, die Auswirkungen politischer Entscheidungen auf die Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft besser zu verstehen und zu bewerten.
Gabriël Clemens, Geschäftsführer bei E.ON Hydrogen, betont die Notwendigkeit, den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft zu beschleunigen. „Wir sind von unserem Ziel, die geplante Elektrolysekapazität von 10 Gigawatt bis 2030 zu erreichen, noch weit entfernt“, erklärt Clemens. Er sieht es als essentiell an, dass die Politik durch entsprechende Impulse unterstützt wird, um den Investitionsstau in Wasserstoffprojekten in Deutschland zu überwinden.
Um den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft zu beschleunigen, setzt E.ON auf die Förderung systemdienlicher Elektrolyseure, die sowohl das Stromnetz entlasten als auch regional grünen Wasserstoff produzieren können. Eine neue Studie, durchgeführt in Zusammenarbeit mit Thüga und dem EWI, wird untersuchen, wo solche Projekte in Deutschland am sinnvollsten wären. Die Ergebnisse dieser Untersuchung werden im Sommer erwartet und könnten wichtige Impulse für die Branche setzen.